Weder Gedser noch Klintholm: als ich früh morgens das Steckschott herausziehe, liegt so dichter Nebel im Hafen, dass schon die markierte Einfahrt in etwa 50 Meter Entfernung nur noch zu erahnen ist. Es wäre sehr leichtsinnig für mich, unter diesen Bedingungen auszulaufen, ohne Sicht der Markierungen durch das enge Fahrwasser, geschweige denn auf offener See. Für einheimische Fischkutter mit wenig Tiefgang und genauen Ortskenntnissen mag das kein großes Problem sein. Doch auch die bleiben heute alle im Hafen.
Ich verbringe die überraschende Wartezeit mit Bootsarbeiten. Von den beiden ans Bordnetz angeschlossenen Lampen hat bisher nur die steuerbordseitige funktioniert. Ich tausche die vom Vorbesitzer installierte Fassung für Halogenstecker gegen eine BAY-15D-Fassung und bringe Licht ins Dunkel. Eine weitere Baustelle widerum an Backbord: einer der drei Magnetkompasse an Bord. Er hat über die Jahre immer mehr Flüssigkeit verloren und die Nadel hängt entsprechend meist schief und krumm. Ich lasse alle Flüssigkeit ab und Fülle ihn mit frischem Petroleum auf. Und schließlich sortiere ich die Werkzeugschublade neu. Und befestige die Halterung für den Handpeilkompass am Cockpitsüll. Und dann feiert die von Miri genähte neue Baumpersenning Premiere: meine Abspannung ist noch ausbaufähig, aber ansonsten sitzt sie perfekt und erweitert den Aufenthaltsraum bei diesem Wetter enorm. So kann ich auch im Cockpit sitzen, ohne gleich nach 5 Minuten Durchzug zu frieren.
Zwischen 14 und 16 Uhr wirde die Sicht vorübergehend besser. Und schlagartig macht sich Boot um Boot auf den Weg gemacht, auch Schnickschnack. Wochenendsegler, die zurück nach Stralsund müssen. Eine gute Hand voll Segler ist mit nurie zurückgeblieben.
Am nächsten Morgen ist die Sicht nach wie vor stark eingeschränkt, immerhin, die gegenüber liegende Hafenmauer ist sichtbar, aber dennoch sind die Bedingungen für nurie und mich zu schlecht zum Auslaufen. Und auch sonst legt wieder nur die Fähre an und ab. Als ich im Hafenkiosk Brötchen hole, liest ein Bootsnachbar aus der regionalen Zeitung vor. Nahe dem Windpark Baltic1 (der auf der Route nach Gedser liegt) ist ein Fischkutter mit einem Katamaran kollidiert. Wenn das schon einem Fischer passiert, denke ich und bin vollends demotiviert. Und doch wird die Sicht nach und nach immer besser, ich bin hin- und hergerissen, um 11:30 Uhr ist alles vorbereitet und startklar, da schieben sich die Nebelschwaden wieder zusammen und ich entscheide endgültig, einen Tag länger zu bleiben. Und sowie es dann zu spät ist, Dänemark vor der Nacht zu erreichen, zieht der Nebel ab und die Sonne zeigt sich. Die Insel wird lebendig, bald steht kaum noch ein Fahrrad vor der Verleihstation am Hafen. Ich gehe lieber zu Fuß, wieder an die Westküste, diesmal jedoch ein Stück nördlicher.
“Kommst nicht weg, was? Na, bleib einfach hier…” sagt der Hafenmeister am Abend. Doch. Morgen.