Mit Kerteminde-Elan geht es heute um 9 Uhr unter wolkenlosem Himmel weiter nach Samsø. So schnell standen die Segel in diesem Jahr noch nicht. Mit 5 1/2 Knoten treibt nurie bei Rückenwind aus der Kerteminder Bucht. Leider nur das kurze Stück bis in den Großen Belt, aber ich bin zuversichtlich, dass heute auch halber bis Am-Wind-Kurs wenig anstrengend werden. Einmal mehr noch ist in südlicher Ferne die Großer-Belt-Brücke auszumachen. Im Norden schiebt sich langsam Romsø hinter Fynen hervor und trotz Wind aus Nordwest läuft Gegenströmung in die Kerteminder Bucht.
Um 12:40 Uhr ist bereits die Ostküste Samsø deutlich in Sicht, ich ändere den Kurs von 340 Grad auf Nord und beschließe eine Verlängerung der für heute geplanten Route: Langør statt Ballen will ich anlaufen, nurie ist schneller als erwartet.
Die Langør-Bucht liegt an Samsøs Nordspitze und ist insgesamt sehr seicht, in der Einfahrt muss besonders sorgfältig navigiert werden. Kein Problem, unter den heutigen Bedingungen habe ich Zeit und Ruhe genug, mir die Detailkarte genau anzusehen. Gegen 14 Uhr läuft nurie seit etwa einer Stunde Kurs 10 Grad weniger als Nord und bleibt damit auf konstanter Längenposition: 10°42′. Der Wind kommt mittlerweile aus Südwest. Eine gute Gelegenheit, die Strömung bzw. nuries Abdrift zu berechnen, die ich mangels Windmesser verpasse.
Stattdessen fotografiere ich eine seewasserimprägnierte Regenhose und bald schon ist der Eingang der Langør-Bucht erreicht, die von Vögeln umschwärmte Untiefe vor Lindholm erfordert zwei Wenden, weiter geht es knapp vorbei an der schmalen Landzunge von Samsø und das betonnte Fahrwasser bis… kurz vor den Hafen. Die Sonne blendet mich frontal dermaßen, dass ich die eine der beiden roten Tonnen vor dem Hafen zu spät sehe, schon steckt nurie im Schlamm. Das heißt, einmal mehr Segel setzen, die Fock reicht aber schon, das Boot zurück in das tiefe Wasser zu ziehen.
Langør, ein kleiner Ort aus wenigen Häusern liegt geschützt im Stavnsfjord an der Nordostspitze Samsøs. Das Wasser im Hafen ist besonders klar. Der Hafenguide verspricht “eine der schönsten Gegenden Dänemarks”. Ich kenne zu wenig von Dänemark und kann mit der Beinverletzung noch keine großen Wanderungen machen. Schön ist es hier zweifellos. Wie eigentlich in allen Häfen bisher. Weiß ich das noch zu schätzen? Ja, unbedingt! Allerdings, bei der schieren Dichte an landschaftlicher Schönheit, die ich bis hierher schon erleben durfte, drohen die Eindrücke schnell, einander zu überfrachten. Notizen und Fotos sind da unabdingbar, um alles Erlebte später erinnern zu können.
Der Hafen Langør bietet neben seiner malerischen Lage auch einen besonderen Komfort: neben dem Hafenautomat führt eine Tür in einen mollig warmen Aufenthaltsraum mit voll ausgestatteter Küche und einmaligem Ausblick. Ideal, da für morgen Regen und Starkwind bis 7 Beaufort angesagt sind. Und auch jetzt ist es schon wieder frisch und ich verbringe gleich zwei Stunden in dem warmen Zimmer. Mit gestern vorgekochtem Chilli con Carne. Allein. Kaum eine Hand voll Boote liegen außer nurie und den Fischerkähnen der Samsøer im Hafenbecken. Es ist noch immer Vorsaison. Laut Hafenguide sind die rund 50 Gastliegeplätze hier in der Saison meist bereits am frühen Nachmittag besetzt.
Senkrecht wie Raketenschweife erscheinen mir die Kondensstreifen der Flugzeuge auf dem Rückweg zum Boot. Liegt’s an der höheren nördlichen Breite oder bilde ich es mir nur ein?
Eine Antwort auf „29. Mai 2019: Kerteminde – Langør“
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Super Aufnehmen 📷