Habe ich mir das auch gut überlegt? Ja und nein. Ich bin dieser Frage ausgewichen, indem ich kaum jemand von meinem Vorhaben berichtete. Neige ich doch selbst häufig zu Einwänden und Gegenargumenten.
Nein. Ich bin noch nie mit einem Kielboot, noch nie auf dem Meer, weder auf der Ostsee noch sonst auf See gesegelt…Von einer Klassenfahrt auf dem Ijselmeer – im vorigen Jahrhundert – abgesehen.
Und nein, ich habe mit Holzbooten, mit Planken, Spanten und Wrangen keine bis wenig praktische Erfahrung. Und dann gleich eine Einhand-Überführung von Schleswig nach Berlin, mit unbekanntem, spontan und ohne ausführliche Begutachtung erworbenem 50 Jahre alten Holzboot?
Aber ja, ich bin immerhin ein einigermaßen erfahrener Jollensegler.
Und ja, lange Wochen und Abende habe ich das Boot und mich vorbereitet, mit Bootsarbeiten, Seglerlektüre und -karten verbracht.

Da sitze ich nun also, noch immer etwas ungläubig, am Bahnsteig des Kieler Hauptbahnhofs, in antifoulingrot-befleckter Hose und Jacke. Der Mietwagen ist zurückgegeben, nicht am Startpunkt, zuhause in Berlin, sondern in Kiel. Ich bin frei, die Leinen loszulassen!
Und doch voller Bedenken, allem voran die größte Sorge: wird das Boot dicht? Der “Wassertest” gestern verlief … nicht wie erhofft, es tropfte ordentlich aus den Backbordplanken, nachdem ich sie von Innen mit mehreren Eimern wässerte.
Was habe ich vergessen? Hoffentlich nicht allzu viel. Meine Segelscheine, das bemerkte ich bereits vorgestern auf der Autobahn kurz hinter Berlin. In der Praxis wird ein Befähigungsnachweis nicht helfen, und eventuelle Konrolleure werden sich eher für Pass und Versicherung interessieren, versuche ich meine Nachlässigkeit zu bagatellisieren.
Bis Schleswig fahre ich mit dem Zug, dann weiter mit dem Bus nach Brodersby, und schließlich zu Fuß zur Marina an der Schlei. Werde ich mit dem Boot über Nacht im Kran hängen bleiben dürfen, wie es Thomas, der Voreigner, empfahl? Oder kann ich den Sliptermin auf morgen Vormittag verschieben, um die Plankenfugen Backbords erneut mit Nahtwachs zu behandeln? Wo übernachte ich dann heute? Verdamm mich mein Organisations- und Kommunikationsdefizit…
Und dann das Riggen. Gelingt mir das, nur anhand zweier ungenauer Fotos vom letzten Herbst?